Jungfraumarathon 2012, Frauen Elite – Männer ü50

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Daddy ist um 5.25 in Utzenstorf gestartet, um uns beim Frühstück Gesellschaft zu leisten. Wir stehen schon auf der Terrasse, als er vom Bahnhof her kommt und genau vor unserem Zimmer stehen bleibt, um uns anzurufen, er sei da. Wir können ihm zur Begrüssung zuwinken und treffen uns wenig später in der Lobby. Das Buffet ist extrem reichhaltig und macht es mir einfach, meine speziell eiweissreiche Ernährung genussvoll einzuhalten. Monika geniesst das Cüpli, das Mike ihr ans Herz gelegt hat, und auch Daddy ist mit seiner Auswahl sehr zufrieden. Was mir auch sehr gut gefallen hat: Die liebevoll gestaltete Kinderecke, mit Köstlichkeiten wie Kinder-Schokolade, Nutella und Sugus auf adäquater Höhe. Da wünscht man sich doch glatt, noch mal 5 zu sein …

Rechtzeitig zum Start sind wir vor dem Haupteingang, wo wir auch auf Fanny und die übrigen Fans und Supporter treffen. Schlauerweise haben sie mit Rolf direkt vor dem Eingang abgemacht – in dem Getümmel wäre er sonst schwierig zu finden gewesen. So findet er uns – verlässt uns aber gleich wieder, weil 5 Minuten vor Start die Batterie seines Pulsmessers den Geist aufgibt! Zum Glück stehen hier an jeder Ecke Uhrengeschäfte, so dass der Wechsel gerade noch rechtzeitig erfolgen kann. Die erste Schlaufe führt grossräumig rund ums Startgelände, also warten wir ab, bis die Leute vorbeiziehen. Rolf ist so schnell, dass ich ihn nur noch halb aufs Bild kriege:

Rolf Wymann - schneller als Lovey fötelet …

Danach checken wir aus und geben unser Gepäck zur Aufbewahrung. Der freundliche Réceptionist fragt nach, ob wir unseren Aufenthalt genossen haben. Ich lobe Zimmer und Feldstecher, das Essen und die Spa – sage aber auch, dass der Service in der Pastaeca eine Zumutung war. Er hakt nach, äussert sein Bedauern und fügt hinzu, dass er die Situation nicht beschönigen wolle – er wisse, dass sie hier noch Verbesserungspotenzial hätten. Er möchte das Folgende auch nicht als billige Entschuldigung verstanden wissen, sondern eher als Erklärung: Das Team sei noch sehr jung, die Teamleitung müsse wohl erst noch herausfinden, wer wie viel Führung benötige und wie sie das am besten kommuniziere. Er werde aber meine Eindrücke (zu viele unnötige Gänge, schlecht mit den Gästen kommuniziert) gerne weiter geben. Sehr gute Art, mit Kritik umzugehen – gefällt mir.

Als Tüpfchen auf dem i rennt er mir dann noch aufs Startgelände nach, weil ich meinen Apfel auf dem Tresen habe liegen lassen. Danke schön, sehr aufmerksam!

Die meisten Leute sind schon vor uns Richtung Kleine Scheidegg gefahren, wir haben problemlos Platz im nächsten Zug und können die Fahrt geniessen. immer wieder führt die Laufstrecke den Gleisen entlang, so dass wir Blicke auf die Läuferinnen und Läufer erhaschen. Das Feld ist recht schnell auseinander gerissen worden – spätestens, als die Steigung bei Lauterbrunnen heftiger wurde.

Dennoch sind die ersten Läuferinnen vor uns am Ziel – mit einer Zeit von 3 h 21 min, wenn ich das richtig verstanden habe. WAHNSINN! Wir trinken erst etwas und klettern dann hoch zum Zielgelände, auch wenn es noch eine Weile dauert bis zu Rolfs geschätzter Ankunftszeit. Die Gesichter der Finisher sind sensationell: Die Freude, es geschafft zu haben, äussert sich in Strahlen, Juchzern, Tänzen und sogar einem Purzelbaum! Die meist gesehene Bewegung direkt beim Ziel: Der Griff zur Stoppuhr. Viele fallen unmittelbar hinter dem Ziel in sich zusammen, müssen sich krampfgeplagt setzen. Die Schmerzen, die sie vorher ausgeblendet haben, werden offenbar plötzlich bewusst. Die Helfer begrüssen jede und jeden einzeln, bringen Getränke, helfen beim Krampf Lösen  … Läuferinnen und Läufer gratulieren sich gegenseitig, viele laufen Hand in Hand ins Ziel und umarmen sich – erschöpft, aber sichtbar glücklich. Da gibt es ältere Damen und Herren, die dieses Gefühl bereits zum 20. Mal erleben – ich staune nur über diese Leistung! Besonders eindrücklich auch das Interview mit einem blinden Läufer aus Holland, der die Strecke mit einem Guide zurückgelegt hat. Die Vorbereitung sei nicht ideal gewesen, da er im Juni den Fuss gebrochen habe  … Aber im Gegensatz zum letzten Mal hätten sie ganz vorne starten dürfen, so dass die anderen Läufer SIE gesehen und Rücksicht genommen hätten – das habe es für sie einfacher gemacht. Auf die Frage, ob denn die Betreuung nicht schwierig gewesen sei, lobte er die Getränke- und Verpflegungsabgabe – dass die Interviewerin damit seine persönliche, wegen der Behinderung benötigte Betreuung gemeint haben könnte, kam ihm nicht mal in den Sinn … Ich staunte nur, wie viel Vertrauen der Mann in seinen Betreuer hat, eine solche Strecke zu laufen – ohne IRGEND ETWAS zu sehen – immerhin führt der Marathon ja nicht nur über breite Betonstrassen, sondern gerade zum Schluss über eine schmale, steinige Moräne. Von der herrlichen Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau bekommt der Holländer nichts mit – aber er lobt die Stimmung an der Strecke. Macht einen irgendwie demütig …

Etwa eine halbe Stunde, bevor Rolf nach seiner eigenen Einschätzung eintrudeln soll, stehe auch ich auf und geselle mich zu Daddy und Monika ans Absperrgitter neben dem Ziel, ich hatte vorher knie schonend im Gras gesessen und ab und zu von Papis Schulreisetee genippt. Auch sein restlicher Fanclub war unterdessen eingetroffen und extrem aufmerksam – sie riefen uns rechtzeitig zu, dass Rolf sich dem Ziel näher – und das sogar ca. 7 Minuten vor den geschätzten 6 Stunden. Ich finde ja nach wie vor, dass mein Bruder spinnt – aber irgend wie bin ich auch ein wenig stolz auf ihn, und Daddy ging es sicher genau so! Er freute sich riesig mit Rolf, das konnte man ihm ansehen …

Die korrekte Zeit ist noch viel besser!

Im Zielgelände plauderten wir noch kurz, und auch Rolf kam in den Genuss von Papis Schulreisetee, den er dem gesponserten Rugenbräu alkoholfrei vorzog. Dass es Rolf heim und unter die Dusche zog, konnten wir aber verstehen, und so machten auch wir uns an den Abstieg zum Bahnhof, was für mich nicht ganz so leicht war, denn wegen der vielen Menschen, die das selbe vorhatten, konnte ich nicht auf meine bewährte Zickzacktechnik zurückgreifen. Zum Glück machte mein Knie aber tipptopp mit, und wir erreichten das Ziel unbeschadet. Nach einer kleinen Stärkung am Wurststand (mit der wohl teuersten Bratwurst aller Zeite, gesponsert von Daddy) ergatterten wir uns endlich 2 Sitz- und 1 Stehplatz im Bähnli nach Grindelwald. Daddy, ganz Kavalier, blieb stehen … Danke schön!

Ab Interlaken trennten sich unsere Wege: Daddy fuhr nach Utzenstorf zurück, Monika und ich etwas weniger flüssig zum Flughafen in Zürich. Immerhin erreichte ich noch den letzten Bus ins Unterland: 21,05 ist für uns Zapfenstreich …

Fazit des Tages: Ein wunderschöner Ausflug, viele Erinnerungen an früher (weil wir als Kinder und später Daddy mit Mami alleine viel in dieser Gegend unterwegs waren), ein verrückter, aber fitter Bruder, Knie, die besser halten, als auch schon –  und ein paar tolle Bilder.

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