Bist du OrganspenderIn?

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19.9.2015: Tag der Organspende

Ich gebe es zu, die Titelfrage ist etwas, worüber die meisten Menschen nicht gerne nachdenken oder sogar sprechen. Sich mit dem eigenen Tod befassen? Ist irgendwie uncool …  Kann man später noch machen  … Hat doch noch Zeit … Geht mich dann ja auch nichts mehr an.

Als Gesellschaft haben wir es geschafft, den Tod zwar nicht abzuschaffen, aber an den Rand zu verdrängen.
Er findet nur noch selten im eigenen Zuhause statt, im Kreis der Familie, sondern wird ausgelagert: Ans Spital, ans Altersheim, in Palliativzentren. Oder man nimmt ihn kurzerhand selbst in die Hand, mit Organisationen wie Exit und Dignitas.  Und doch: Der Tod ist aus unserem Leben nicht wegzudenken, das machen gerade die aktuellen Bilder in den Medien deutlich, aber das ist ja nicht unser Tod, selbst wenn er uns nahe geht …

In meinem Leben hat der Tod ein paar Mal vorbei geschaut, aber intensiv mit dem Thema befasst hatte ich mich erst, als 2010 mein Patenonkel starb, 2011 meine Mutter – und ich 2012 einen grösseren Eingriff vor mir hatte. Ich lebe ja alleine, irgendjemand wird nach meinem Tode aufräumen müssen: Sich um die Katzen kümmern, die Wohnung auflösen, schauen, was von meinen Besitztümern noch benutzt werden kann … Also machte ich ein Testament – und ja, es war eine morbide Angelegenheit, und es machte mich extrem melancholisch. Aber irgendwie war es auch befreiend, sich das mal zu überlegen. Schnell wurde mir aber auch klar:

Die Zeit nach dem Tode, das ist eigentlich das einfachste. Schwieriger ist die Zeit unmittelbar davor:
Was, wenn ich so krank bin, dass ich nicht mehr selber entscheiden kann, was mit mir passiert? Welche Art Behandlung ich mir wünsche – und wo ich lieber darauf verzichte? Ich hatte bei meiner Mutter gesehen, wie wichtig so eine Patientenverfügung sein kann und entschied, auch die auszufüllen. Das ging mir, ehrlich gesagt, noch näher als das Testament. Denn hier ging es, buchstäblich “as Läbige”:

  • Wiederbeleben oder nicht?
  • Künstlich ernähren oder nicht?
  • Organe zur Verpflanzung freigeben – oder nicht?

Ich fand eine gute Vorlage, die mich Schritt für Schritt durch den ganzen Prozess leitete.

Ich konnte auswählen, ob ich eine Kurzversion oder die ausführliche Version wünsche, und bei jedem Punkt wurde ich angeleitet, mir Gedanken zu meiner Lebenseinstellung zu machen. Der ganze Prozess dauerte mehrere Tage, aber ich lernte dabei viel über mich selber: Was mir wichtig ist (keine Schmerzen zu haben; bestimmte Menschen bei mir zu wissen, andere nicht); wo ich Angst habe und gerne eine Hand zum Festhalten hätte – und wo ich lieber selbstbestimmt entscheide.

Und ja, in diesem Zusammenhang habe ich auch entschieden, was mit meinen Organen passieren soll.
Ich habe in meinem Freundeskreis Menschen, die nur dank einer Organspende noch um uns sind, und die meisten davon mag ich sehr :-). Was mich angeht, bin ich hin- und hergerissen: Ich weiss nicht, ob ich eine Organspende möchte, weil ich Angst habe, was das mit mir macht … Aber ich weiss nicht, wie ich tatsächlich entscheiden würde, wenn es hart auf hart gehen würde. Und ich habe, obschon ich selber schon sehr viel von der Medizin profitiert habe, Bedenken, was die Forschung teilweise mit den Organen macht. Deshalb habe ich mich entschieden, dass meine Organe zwar verpflanzt werden, aber nicht für die Forschung frei gegeben werden dürfen. Für mich stimmt es so.

Meine besten Freunde haben alle Unterlagen.
Testament und Patientenverfügung habe ich verschlossen den beiden wichtigsten Menschen anvertraut, die ich bis zum Schluss um mich haben möchte. Sie kennen die Einzelheiten nicht, wissen aber, welche Rolle ich ihnen zugedacht habe. Sie – und ich – sind froh, dass die Dinge so weit als möglich geregelt sind, so dass sie keine Entscheidungen treffen müssen, die sie belasten würden. Denn auch das habe ich, durch die Sterbebegleitung meiner Tante gelernt:

Wer nicht selber entscheidet, über den wird verfügt.
Und da hilft es auch nichts, wenn jemand am Sterbebett liegt, der weiss, dass das Sterben anders, menschlicher, schmerzfreier geplant war …

Den offiziellen Spenderausweis trage ich nicht bei mir …
sondern eine selbst gemachte Karte in Deutsch und Englisch, auf der die wichtigsten Infos stehen, für den Fall, dass ich wegen Unfall, Krankheit oder Tod nicht reagieren kann: Dass ich Katzen habe, um die man sich kümmern soll. Wer den Schlüssel zur Wohnung hat, welche Medikamente ich nicht vertrage, wer informiert werden soll und wer die Patientenverfügung hat. Das Ding ist laminiert und in mehrfacher Ausführung vorhanden, weil eigentlich immer eins in der Tasche sein soll, mit der ich gerade unterwegs bin.

Ich habe mich entschieden – und du?

Ausführliche Informationen zum Tag der Organspende, zur Entscheidungsfindung und zum Spenderausweis findet ihr auf http://www.transplantinfo.ch/

Weitere Blogartikel, Tweets etc. findet ihr unter dem Hashtag #ichhabemichentschieden

Disclaimer:
Dieser Blogbeitrag wurde angestossen von Stefanie Tschanz, Mitarbeiterin bei Leo Burnett Schweiz AG, im Rahmen der BAG-Kampagne Entscheide dich. Ob ich mich für oder gegen Organspende ausspräche, sei einzig meine Angelegenheit, es ginge nur darum, DASS man sich Gedanken machen und entscheiden solle – und die Entscheidung auch kommuniziere. Der Inhalt des Posts spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

 

Ein Gedanke zu „Bist du OrganspenderIn?“

  1. Hallo Lovey,

    Spannendes Thema und ja es ist schon so, viele mögen es gar nicht sich darüber Gedanken zu machen – Tod, sowas blödes… 😉

    Da bin ich der Meinung wir könnten uns durchaus eine Scheibe Wissen und Umgang mit dem Thema Sterben von anderen Kulturen abschneidenn, bei denen Ahnen- und Totenkult bis heute ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist. Wir fürchten uns vor dem, was wir nicht kennen, vor dem Unbekannten, nicht wahr? Doch wird die Angst wirklich weniger, wenn wir das Thema einfach totschweigen?

    Ich denke am Ende ist der Tod nichts Anderes als der Beginn einer neuen Reise, wohin diese auch immer führen mag. Doch das ist selbstverständlich nur meine persönliche Meinung.

    Was die Organspende betrifft oder gar wie ich in gewissen Situationen sterben möchte und auch was danach mit mir geschehen soll, ja ich habe meine Meinung dazu und meine Familie weiss Bescheid. Doch egal für welchen Weg man sich entscheidet oder aus welchen Gründen, früher oder später kommt das Unweigerliche, wichtig ist, dass wir in diesem Moment mit guten Gewissen loslassen können…

    Ich wünsche dir einen zauberhaften Start ins Wochenende!

    Liebe Grüsse
    Nicky

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