Die neue Prothese macht etwas möglich, was ich seit fast Jahren vermisst hatte: Velofahren!
Ich hatte mein E-Bike um 2010 verschenkt, weil mein Knie Velofahren einfach nicht mehr zuliess. Als ich 2015 die Prothese erhielt, hoffte ich eigentlich, dass das wieder möglich sein würde, aber ich kriegte den Winkel nicht hin.
Der Elliptigo war ein Kompromiss, machte auch Spass, aber war für mein Knie dann doch nicht ideal (der wäre übrigens zu haben, falls ihn jemand abholen möchte).
2015 hatte ich bereits Spezialräder recherchiert und stiess damals schon auf Van Raam, bei dem eine verkürzte Kurbel das Problem des fehlenden Winkels hätte abfangen können, aber die Dinger waren extrem teuer.
Nun, mit der neuen Prothese, habe ich aktuell einen 100°-Winkel, bis 120° sind theoretisch möglich (mal sehen, was ich noch herausholen kann), auf meinem Aktivstulhl reicht das knapp zum Velofahren. Also begann ich wieder mit Recherchieren: Was wäre wenn?
Ich spielte verschiedene Szenarien durch: E-Bike mieten beim Tourismusbüro, um es zu testen? Aus Gründen der Stabilität und weil ich ja nicht jünger werde, vielleicht doch lieber ein Dreirad kaufen? Wäre vielleicht auch gut, da inzwischen klar ist, dass ich irgendwann auch das linke Knie machen lassen muss …
Online-Recherche zeigt: Van Raam ist immer noch beliebt, immer noch teuer; Pfautec kriegt auch gute Noten, aber ist ähnlich teuer: über 6000 Franken. In Online-Shops gäbe es günstigere, mit knapp 2000 Euro, aber die sind alle in der Schweiz offiziell nicht zugelassen, und Service wäre wohl auch schwierig …
Letzten Samstag war ich im Dreiradcentrum Hombrechtikon und wurde sehr gut beraten. Ich durfte auch Probesitzen und es wurde klar: Ein Sesselrad wäre für mich ideal. Ich hätte auch Probe fahren dürfen, traute mich aber noch nicht.
Ich liess mich auf die Warteliste setzen für ein Occasion-Bike, aber die Dame wies darauf hin, dass ich auch da mit 4500 bis 5000 Franken rechnen müsse.
Dann griff das Universum ein:
Ich sprach mit diversen Leuten über meinen Traum, wieder Velofahren zu können, und dass ich mir gerne eine Dreirad zulegen würde – und von verschiedenen Seiten wurde mir der gleiche Link zugespielt, für eine Occasion Van Raam Easy Rider Compact, ein Nachfolgemodell von dem, was ich 2015 immer wieder angesehen hatte. Zu einem Drittel des ursprünglichen Preises.
Ich zögerte erst etwas, weil ich da 20 % anzahlen sollte, um die Kontaktdaten für die Probefahrt zu erhalten, fand dann aber heraus, dass hinter velocorner.ch der TCS steckt, das fand ich dann doch vertrauenswürdig.
Der Inserent meldete sich rasch auf meine Nachricht – und machte mir ein wunderbares Angebot: Ich müsse nicht zu ihm kommen, um das Ding auszuprobieren. Er könne es mir vorbeibringen, und ich dürfe es zwei Wochen ausprobieren. Falls es nicht das Richtige wäre für mich, würde er das Trike wieder abholen.
Bereits am übernächsten Tag hat er geliefert – und mir gesagt, dass er das Trike für seine Frau gekauft hatte, dass diese es aber wegen ihrer Krankheit nicht mehr habe fahren können. Wie traurig …
Wir konnten Sessel und Lenker prima einstellen, aber der Akku wollte nicht, obschon er ihn am Vortag extra aufgeladen hatte. Natürlich wäre ich am liebsten gleich losgefahren, aber mir war auch klar, dass der Akku unter Umständen nach zwei Jahren ohne Laden noch nicht parat war – oder, wenn wir Pech hatten, tiefenentladen.
Wir vereinbarten, dass ich es noch einmal mit Laden versuche und ggf. sonst abkläre, was noch möglich wäre (neuer Akku?) und was es kosten würde. Ich lud das Manual runter, reinigte die Dioden und lud den Akku voll auf. Da war es dann allerdings schon Abend, also musste ich mich noch einmal gedulden.
Am nächsten Morgen steckte ich das Ladegerät noch einmal ein, aber es meldete nach wenigen Minuten, dass der Akku voll geladen sei. Ich schnappte mir also meinen Velohelm, holte das Trike aus dem Velokeller – und wurde belohnt: Das E-Trike sprang an, ich konnte am Freitag die ersten zwei kurzen Runden drehen. Und seither jeden Tag zwei Runden, heute auch eine etwas längere, mit höherer Geschwindigkeit.
Von den drei gründen LEDs leuchtet immer noch eines, ich werde weiterfahren, bis ich auf einem gelben bin (rot lieber nicht), bis ich wieder lade. Bis jetzt habe ich mit dieser Ladung knapp 20 Kilometer gefahren – meist auf Eco-Stufe, heute auch etwas Stufe 2, auf dem Kiesweg. 3 brauche ich nur für den kurzen Aufstieg, wenn ich vom Rhein zurück nach Hause komme oder wenn ich ins Zentrum fahre.
Das Teil macht riesig Spass!
Ich grinse die ganze Zeit vor mich hin und weiss jetzt schon, dass Van Damme nicht mehr zurückgehen wird (ja, einen Namen hat das Ding auch schon).
Mein Knie macht super mit:
Die Ausflüge lösen kein Anschwellen und keine Überwärme aus, einfach etwas Müdigkeit. Noch reicht es nicht für die ganz grosse Tour, aber ich habe hier viele Möglichkeiten, mit kleinen Touren aufzubauen. Das Trike ist von 2020, hat aber nur ca. 500 km drauf und war im Service, von daher dürfte ich lange Freude daran haben.
Es macht mich traurig, dass die Vorbesitzerin das Trike nie mehr fahren konnte. Und gleichzeitig bin ich dankbar, dass ich damit diese Freude erleben kann.
Ich verspreche ihr und ihrem Mann: Ich werde Van Damme in Ehren halten. Und freue mich auf weitere Ausflüge.
Aus Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass Velofahren gut ist für den Bewegungsablauf. Eine Akku-Unterstützung ist bei gewissen Einschränkungen sicher gut- Also radle mit dem neuen Gerät zufrieden in die Zukunft.
Daddy