Kinder, ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich auf den Start der neuen Laufsaison gefreut habe! Und das, obschon Hasel und Erle mir schon seit längerer Zeit das Leben schwer machen – und ich aus früherer Erfahrung mit dem Bremgarten Reusslauf wusste, dass die Strecke durch wunderschöne, aber eben auch von meinen Erzfeinden dominierte, Natur führt. Dass es, aufgrund der neuen Streckenführung, nur noch 10 statt 11 Kilometer sein sollten, würde wohl das Pollen-Bombardement nur unwesentlich einschränken. Bei meinen Spaziergängen bin ich konsequent mit Maske unterwegs, das hilft. Aber seit letztem Jahr melde ich mich ja nicht mehr für Walking an, sondern für die Laufstrecke – auch wenn ich immer noch zwischen beidem hin- und herwechsle. Und da kann ich die Maske nur im Gedränge am Start drangen, danach nicht mehr, sonst gerate ich ins Hyperventilieren. Wie sich zeigen sollte, wäre ohnehin ein Kesselchen anstelle der Maske zielführender gewesen: Meine Nase lief, im Gegensatz zu meinen Beinen, ununterbrochen 🙂
Aber zurück zum Anfang: Im Startgeld vom Reusslauf ist die Anreise nach Bremgarten inbegriffen – etwas, das bei immer mehr Läufen der Fall ist und was ich sehr schätze. Diesmal musste ich noch alleine gehen: Moesha, Teammitglied Nummer zwei von “Nume nid gschprängt” ist aktuell noch mit der Eishockeysasison beschäftigt und wird erst bei späteren Läufen wieder dazu stossen. Wie meistens war ich viel zu früh am Ziel; die Startnummerausgabe erfolgte zügig, und ich hatte locker Zeit, die Gabentasche in die Garderobe zu bringen und etwas essen zu gehen, bevor ich mich, zum Einlaufen, auf dem Gelände rund um Start und Ziel bewegte. Dabei traf ich auch auf eine ehemalige Nachbarin aus Niederhasli, die zum zweiten Mal am Start war, mit einer Freundin, für die es eine Premiere war. Wir stritten uns darum, wer von uns letzte werden sollte, wobei ich mit meiner Schätzung von 100 Minuten für 10 Kilometer “gewann”. (Spoiler Alert: Ich HABE gewonnen – aber nicht mir dieser Zeit)
Vor uns starteten die geladenen Elite-Läufer und Läuferinnen, bei denen das OK eine Zeit von etwas über 31 Minuten für Männer und über 37 Minuten für Frauen vorgab, was die locker schafften. In meiner Kategorie, F60, brauchte die erste auch nur etwas über 42 Minuten. Hier geht’s zur Siegergalerie 2023.
Das Wetter spielte so halb mit: Der Boden war noch nass, was teilweise auch zu rutschigen Abschnitten führte, aber sonst war es trocken und aus meiner Sicht eher kühl. Während ich mich entschloss, mit Jacke zu laufen, reihte sich in meinem Startblock ein älterer Herr ein, bekleidet mit einer Shorts, die auch eine Badehose hätte sein können, und der Startnummer. Sonst nichts. Kein Shirt, keine Schuhe – nada. Foto erspare ich euch.
Der Start erfolgte pünktlich um 14 Uhr, im letzten Startblock, mit einem Pace Maker für 55 und einem für 60 Minuten. Von denen sah ich naturgemäss wenig. Dafür stellte sich, schon wenige hundert Meter nach dem Start, beim ersten Wechsel von Joggen auf Walken, meine persönliche Rennbegleitung vor: Ein ausgesprochen sympathischer Besenvelofahrer. Obschon ich ihn warnte, dass es bei mir länger dauern dürfte und er mich gerne überholen könne, ich würde auch brav am Strassenrand laufen, blieb er bei mir. Und mahnte mich, mich nicht stressen zu lassen. Die meiste Zeit war er so weit hinter mir, dass ich ihn gar nicht bemerkte. Als es dann aber auch mir, kurz vor Kilometer 5, warm wurde, bot er an, meine Jacke zu übernehmen. Vom Bier, das ich ihm im Ziel versprach, wollte er nichts wissen. Bei Kilometer acht erwähnte er so nebenbei, dass wir ja erst 1 Stunde 15 Minuten unterwegs wären. Was mich freute, denn ab ca. Kilometer 6 konnte ich fast nur walken. Der Bewegungsradius meines Knies hatte sich verkleinert (Muskelspannungen?), ich musste aufpassen, dass ich nicht stolperte. Geduldig waren, neben ihm, auch die Leute am Getränkestand und die Fotografen – und alle wiesen meinen Dank fürs Warten zurück, das sei doch selbstverständlich. Nee, ist es nicht! Aber ich schätze es sehr – und freue mich schon wieder auf die Bilder.
Bei Kilometer acht hielt ich, walkend, einen kleinen Schwatz mit “meinem” Besenvelo und erzählte ihm, wieso für mich dieser Lauf eine solche Freude sei – und meine Zeit, so mager sie im Vergleich zu anderen sein mochte, für mich ein Gewinn. Er freute sich mit mir, was ich toll fand. Und beim Gang über die erste Brücke war dann auch klar: Es werden definitiv keine 100 Minuten, auch wenn die zweiten 5 Kilometer langsamer waren als die ersten. Mit 1:35.05 wurde ich Gesamthaft 409, in meiner Alterskategorie 53 – und lief meine persönliche Bestzeit über 10 Kilometer, mit 9.5 Minuten pro Kilometer. Und das zum Saisonauftakt! (Zum Vergleich: 2022 lag der Schnitt bei 10:47, allerdings über 11 km. 2015 brauchte ich für 11 Kilometer noch 2:01:58 – das war allerdings noch mit Orhtese, die Knieprothese erhielt ich erst im August)
Mein toller Begleiter freute sich riesig mit mir, gab mir meine Jacke zurück, wies Bier oder Bratwurst energisch zurück und umarmte mich zum Abschied. Auch die Leute im Ziel waren super motivierend, ich erhielt, wie alle anderen auch, Schlussapplaus, mein Recovergetränk und Glückwünsche. Ein Kompliment, einmal mehr, an die Organisation und alle Helferinnen und Helfer!
Bilder vom Lauf: © Alphafoto
Ganz vergessen:
Einer, der diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen verfolgt, dürfte mein EX-Chef sein, Gilbert Fisch:
Als Sportler hat er mich noch zu Fisch.Meier-Zeiten immer ermutigt, und seit er mit Summits4hope verschiedenste Sponsoring-Aktivitäten auf die Beine stellt, durfte ich beim einen oder anderen Event mitmachen. Für dieses Jahr habe ich ihm für alle meine (und Moeshas) Läufe pro Minute 1 Franken versprochen. Seine Sportlerseele wird sich mit mir über die Zeit von 95 Minuten 05 freuen – seine Säckelmeister-Seele hätte die 100 sicher lieber gesehen.
Falls jemand von euch die 100 voll machen möchte:
Direktspenden sind hier möglich und fliessen zu 100 Prozent in die Projekte! Die Verwaltungskosten bezahlt Gilbert persönlich
Ja,nume nid ufgäh!
Daddy