Schloss Waldegg

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Mit Blick auf die Wettervorhersage für die kommenden 10 Tage entschied ich mich, mein Wochenendprogramm umzustellen und die wenigen angezeigten trockenen Stunden für den Ausflug zum Schloss Waldegg zu nutzen. Ich hatte vor ein paar Wochen einen Bericht darüber gelesen und diesen Ausflug auf meine Bucket List genommen. Allerdings hatte ich im Kopf die geografische Lage von Waldegg mit Wildegg verwechselt und merkte erst beim Planen der Anreise, dass das Schloss ja ziemlich nahe vom Wohnort meines Vaters liegt. Also rief ich ihn an, ob er Lust habe, mich da zu treffen? Das war aber dann doch zu spontan für ihn, Samstag ist Putz- und Einkaufstag, und wenn es da keinen speziellen Anlass gäbe, würde er lieber nicht kommen – das Schloss und die Gärten kenne er schon.  Schade – ich hätte ihn gerne getroffen, aber natürlich verstand ich das.

Meine Reise führte mich zurück in die Zeit der Kanti – und ziemlich genau in diese Zeit fiel wohl auch meine letzte Fahrt mit dem Bipperlisi. Wobei das klapprige Bähnli meiner Erinnerung nichts mit dem modernen Zug von heute gemein hat. Irgendwo in meinem Hinterkopf rumoren Erinnerungen: Da hatten doch mal ein paar Jungs einer Verbindung (waren das die Dornachier?) die Gleise vom Bipperlisi mit Schmierseife oder so behandelt, so dass das Bähnli vom Bahnhof Solothurn nicht mehr zum Baseltor hochkam? Die Altherren mussten damals für die Kosten aufkommen, hiess es. Ob der Streich für die Jungs wohl Konsequenzen hatte?

Das Bipperlisi jedenfalls fährt immer noch, längst nicht mehr nur die Strecke Solothurn – Niederbipp. Und ich näherte mich immer mehr meinem Ziel: Feldbrunnen – Halt auf Verlangen, vorbei an Ortschaften, aus denen viele meiner damaligen Schulkolleg*innen kamen. Durch eine wunderbar duftende Lindenallee führte mein Weg hoch zum Schloss. Durch diese Allee mochten wohl auch die Besenvals und Surys jeweils flaniert sein. Wer  mit der Kutsche anreiste, benutzte dagegen die Allee, die heute zum Megalithweg führt.

Das Schloss, das als Übersteigerung des Türmlihauses gilt, thront leicht erhöht über dem Ort, mitten im Grünen. Die ehemalige Sommerresidenz wird immer noch teilweise bewohnt, der grösste Teil ist aber ein Museum, und ein Teil der Aussengebäude wird vom Amt für Kultur und Sport genutzt.

Ich traf kurz vor 13 Uhr beim Schloss ein – und damit eine Stunde zu früh: Öffnungszeiten am Samstag sind von 14 bis 17 Uhr. Machte aber nichts, schliesslich hatte ich ein Picknick dabei, welches ich auf einem lauschigen Bänkchen genoss, vor dem Hintergrund des leisen Plätscherns eines Brunnens und fröhlichem Vogelgezirpe, und ab und zu wehte ein würziger Duft vom Kräuter- und Nutzgarten hinüber.

Pünktlich mit den ersten Regentropfen kamen auch die Angestellten des Museums. Ich kaufte für 6 Franken ein Eintrittsbillet, gab meinen Rucksack ab und zog los, um die Räume zu erkunden, wobei zwei gemalte Pagen mir freundlich Durchlass gewährten. Die Beschreibung der einzelnen Räume erspare ich euch – die könnt ihr bei Bedarf gerne online erkunden. Mich beeindruckten vor allem die Wand- und Deckenmalereien, fantastische Holzarbeiten und aus meiner Sicht nervtötende Stickereien auf Sesseln (Geduld ist, wie die meisten von euch wissen, ja nicht gerade meine hervorstechendste Tugend. Und Handarbeiten zählt zu den Tätigkeiten, für die meine Hände schlicht nicht geschaffen sind …).

Schon nach wenigen Räumen landete ich in einer kleinen Bibliothek mit einer Kaffeetheke, neben einer Tür, die zum einladenden Terrassencafé unter den Säulen führte, mit Blick auf den restaurierten Barockgarten. Ich bestellte einen Latte Macchiato und ein Nusstörtli, reservierte Tisch 2 für mich, ging aber noch kurz auf Fotosafari, bis die Dame mir den Kaffee servieren würde. Und wer kommt mir im Garten strahlend und mit perfektem Timing entgegen? Mein Paps, der sich vom morgendlichen Überfall offenbar schnell erholt und entschieden hatte, den Ausflug mit mir zu teilen. So gross, dass man sich verpassen könnte, sei das Schloss ja nicht … Flugs bestellten wir einen zweiten Kaffee, er erzählte mir, wie er vor Jahren mal mit Mami hier vorbeigekommen sei, auf einer Walking-Tour. Und dann schauten wir uns das ganze Museum gemeinsam an. Ich hatte viel Freude am Ausstellungskonzept: In jedem Raum steht ein knallroter Korpus mit einer Schautafel oder einem Modell obendrauf – und unterschiedlich vielen und unterschiedlich grossen Schubladen, die man aufziehen kann. Darin befinden sich entweder weitere Informationen oder kleinere Exponate mit Erläuterungen. Sehr subtil auch die Art, wie die Besucher*innen daran gehindert werden, sich auf die ausgestellten Sitzmöbel zu setzen: mit trockenen Stechpalmenblätter, farblich fast zu perfekt auf das Möbel abgestimmt.

Daddy, der Solothurn und den Palais Besenval wohl noch besser kennt als ich, hat er doch etliche Jahre in der Stadt gearbeitet, entdeckte viele Bezüge zu den Bauten in der Ambassadorenstadt, und es war eine Freude, diese Ausstellung mit ihm zusammen zu erkunden. Gerne wären wir auch gemeinsam zurück in die 11-er-Stadt gewandert, aber das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Schade, denn die Wanderung nach Solothurn, durch die Verenaschlucht, wäre durchaus lohnend.

Wir aber spazierten durch die Lindenallee zurück zum Bahnhöfli Feldbrunnen, und die extrem tief fliegenden Vögel über den Getreidefeldern signalisierten uns, dass wir uns besser beeilen sollten. Bis Oensingen fuhren wir zusammen, danach fuhr Daddy via Langenthal heim, ich, nach einem kurzen Spaziergang, via Olten – Turgi. Ein paar Tropfen kiegte ich auf dem Heimweg noch ab, aber ansonsten war mein Timing bestens aufgegangen.

 

 

 

 

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