So faul habe ich wohl noch nie Weihnachten verbracht: Nach einem eher frühen Frühstück legte ich mich noch mal aufs Ohr, ging dann etwas spazieren, trank Kaffee und liess mir dir Sonne auf den Bauch scheinen, las ein wenig – und machte dann einen Mittagsschlaf. Jetzt bin ich fit für das Nachtessen und die Tanzvorführung, die danach folgen soll. Fotos gibts die ganze Reise über nur eine Auswahl in kleiner Auflösung … WLAN ist hier nicht berauschend. Werde dann zu Hause grössere Bilder zu einer Diaschau verwursteln …
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Nachtessen war etwas ruhiger: Die Band spielt in der Lobby! und ich habe einen Einzeltisch am Fenster. Viel besser! Das Essen schmeckt gut, auch wenn ich teilweise keine Ahnung habe, was genau ich vor mir habe. Hier hat es zur Zeit sehr viele einheimische Gäste, deshalb gibt es nur wenig internationale Gerichte, was mir gut gefällt. Während des Essens schaut mich ein Paar immer wieder an, ich werde ganz verwirrt und frage mich, ob ich wohl Flecken auf dem Kleid oder im Gesicht habe? Später, in der Lobbybar, als ich der Musik zuhöre und den tanzenden Kindern zusehe, sprechen sie mich an und laden mich an ihren Tisch ein. Er entschuldigt sich, dass sie mich in Verlegenheit gebracht hätten. Sie hätten nur versucht herauszufinden, ob ich auch Lehrerin sei. Die Art, wie ich mit den Kindern im Restaurant umgehe, und dass ich ständig mit Buch oder schreibend gesehen werde, habe sie dies vermuten lassen. Daraus entspann sich ein sehr gutes Gespräch über das Schulsystem hier, wie sich die Lage seit der Revolution im ganzen Land verschlechtert habe und wir schwierig es gerade für junge Menschen sei, einen vernünftigen Start ins Berufsleben zu finden. Die beiden kommen aus Monastir und haben für diesen Urlaub lange sparen müssen. Es wäre für sie billiger gewesen, ein Arrangement mit Flug aus Spanien oder Frankreich zu buchen und den Flug verfallen zu lassen, aber sie hatten Angst, dass dann eventuell auch das Zimmer verfiele. Ist aber schon komisch, wenn die Hotelketten mit Billigangeboten Touristen anlocken, aber die Einheimischen blechen lassen … Hier sind viele grössere Familien, die Frauen oft in Designerklamotten, und auch die Kinder tragen Markenartikel. Was auffällt: Die Väter verbringen sehr viel Zeit mit den Kindern! Tanzen sogar mit ihnen zusammen während der Kinderdisco, mit sichtlichem Vergnügen. Aber der Abstand zu den Menschen, die man ausserhalb der Anlage trifft, ist frappant. Natürlich ist hier Nebensaison und praktisch nichts los – entsprechend stürzen sich Händler, Kutscher und Ausfluganbieter wie die Geier auf jede, die das Gelände verlässt. Das kenne ich von früher, das ist nichts neues, wenn auch lästig. Traurig stimmt aber, in welchem Zustand die Hafenpromenade ist: Vieles ist kaputt, überall liegt Abfall. Und das offenbar schon länger … meine Lehrer klagen, dass die Touristen eben auch zur Hauptsaison ausgeblieben sind, weil dir politische Situation sie beunruhige. Damit fallen Einkommens- und Ausbildungsmöglichkeiten weg, die dringend gebraucht würden. Schade für das Land!
Liebe Lovey
lese Deine Kommentare mit Vergnügen. Von Herzen wünschen ich Dir gute Tage!
Es liebs Grüessli
Dorli