Whakatane – Tag 6

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Nachtrag zu gestern:

Ich hatte mich mit Marion über den Bann unterhalten, mit dem die Stämme das Meer rund um den Vulkan belegt hatten. Schwimmen, Kajakfahren, Fischen – selbst das Ernten der Muscheln aus den Muschelfarmen ist nach wie vor verboten. Gestern hiess es in den News, der Bann sollte für Schwimmen und Kajak aufgehoben werden, was ich nicht verstand. Wieso sollten die Maori, die dem Tourismus oft eher skeptisch gegenüberstehen, ausgerechnet diese Tätigkeiten wieder freigeben – aber die für viele Menschen hier lebensnotwendige Erwerbsgrundlage weiterhin blockieren?

Zeigte sich, dass ich viel zu weiss gedacht hatte:
Die Behörden gehen davon aus, dass die zwei immer noch vermissten Personen, ein lokaler Guide und eine australische Touristin, ins Meer gespült wurden. Suchaktionen laufen, aber die Leichen wurden noch nicht gefunden. Damit besteht die Gefahr, dass Fische und anderes Meeresgetier die beiden anknabbern, und wenn jemand dann diese fängt und zubereitet, würde er oder sie deren Spirit aufessen, was natürlich absolut tabu ist. Marion hat das alles schon Mal mitgemacht, bei einem Freund, der vom Surfen nicht mehr zurückkam. Damals dauerte der Bann 6 Monate … Ich verstehe jetzt auch besser, wieso Marion noch viel heftiger als viele Menschen hier auf die Tragödie reagiert. Nicht nur, dass der Tod von Hayden Erinnerungen weckt, sie hatte in den letzten Wochen, ähnlich wie ich auch, eine Reihe von Todesfällen zu beklagen. Ich denke für sie – und erst recht für die Angehörigen – wäre es etwas leichter, wenn die beiden gefunden und geborgen werden könnten … Mir bleibt nicht viel mehr, als Marion mit offenen Ohren und offenem Herzen zuzuhören, wenn sie reden mag.

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Calum holt mich gegen 10 Uhr ab für einen Ausflug nach Opotiki. Wir holen auch Marion ab, welche die Gelegenheit nutzt, letzte Weihnachtssachen einzukaufen. Die Stadt geht auf eine alte Maori-Siedlung zurück und hatte ihre Blütezeit in der Edwardischen Epoche. Einige der wieder hergerichteten Prunkbauten erinnern mich an Alaska, wo eine ähnliche Architektur zu den Zeiten des Goldrausches ihre Spuren hinterlassen hat. Die Gegend zählt zu den ärmeren der Region, es gibt kaum Industrie, und ein Projekt, das Arbeitsplätze schaffen und Einkommen sichern könnte, ist seit Jahren wegen Einsprachen von einigen Maoristämmen blockiert: Eine Muschelfarm und die dazu gehörende verarbeitende Industrie würde etwa 900 Arbeitsplätze schaffen.

Hauspreise wären in dieser Gegend direkt bezahlbar, was für den Rest des Landes eher nicht gilt: Neuseeland hat viel zu wenig Wohnraum für die Menschen, was die Immobilienpreise in exorbitante Höhen gejagt hat. Bei den Häusern hier wäre aber extremer Renovationsbedarf, also würde es wohl schliesslich auch teuer. Bianca und Calum wollen in naher Zukunft bauen, aber in der Nähe von Whakatane oder Ohope, weil es da eben Arbeitsplätze gibt, gute Schulen – und Marion, welche die Kurze nach der Schule abholen und zu sich holen könnte: Schule ist in der Regel ca. 14.30 aus, da arbeiten beide Eltern noch.

Da Calum notfallmässig noch ein Auto reparieren gehen muss, besichtigen wir danach nur noch kurz eine Töpferei, wo ich erste Souvenirs erstehe und erfahre, wieso die Leute hier nicht bremsen, wenn sie eine Art Marder sehen: Die Biester fressen Kiwi-Eier und Jungvögel.

Ich steige im Stadtzentrum aus, hole mir im Supermarkt noch Milch und Joghurt und spaziere dann durchs Industriequartier zurück. Hier gibt es sehr viele Autowerkstätten – auch Calum arbeitet in einer davon. Die Neuseeländer fahren die Autos offenbar viel länger als wir. Sie müssen erst alle zwei Jahre zum TüV, dann jedes Jahr, und solche, die vor 1999 zugelassen worden sind, alle 6 Monate.

Wetter ist heute wieder eher Mau, aber da ich einen faulen Tag eingelegt habe, stört mich das nicht besonders … Ich wärme mir in der Mikrowelle ein Fertiggericht auf und bastle einen Salat dazu. Notiz an mich: KEINE Fertigsalatsaucen kaufen in einem Land, das mehrheitlich von Briten besiedelt wurde! Ich HASSE gezuckerte Salatsauce …

Gegen Abend holen Bianca und Freyja mich ab, wir fahren zu ihnen nach Hause. Freyja ist müde und schlecht gelaunt, beruhigt sich aber, als sie mit Mama kuscheln kann. Nach dem Essen geht sie erstaunlich früh schlafen, sodass Bianca und ich uns zum Grosseinkauf davon schleichen können, um dem nahenden Weihnachtsstress zuvorzukommen. Beim aktuellen Wetter verpassen wir auch nicht viel – es schüttet wieder und ist empfindlich kühler geworden. Für die nächsten zwei Tage ist wieder Sonnenschein angekündigt. Wäre mir recht, ich gehe Morgen auf den Markt in Ohope …

Weiterführende Links:

Opotiki
https://de.wikipedia.org/wiki/Opotiki

Video Opotiki District (GoPro)
https://www.youtube.com/watch?v=ASMWJk4ilAE

Töpferei
https://www.rvexplorer.co.nz/Bay-of-Plenty_Whakatane.cfm

Kiwi-Schutzgebiet
https://www.stuff.co.nz/environment/115143452/private-sanctuary-on-east-coast-becomes-a–haven-for-nz-wildlife

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